Schutzkonzepte in der Jugendarbeit
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Regeln, Schutzvereinbarungen

Schutzbaum

Mit „Schutzvereinbarungen“ sind konkrete Regeln für einen fachlich-pädagogisch angemessenen, grenzachtenden Umgang mit Kindern und Jugendlichen gemeint. In sehr vielen Organisationen der Jugendarbeit gibt es bereits allgemeine Aussagen/schriftliche Regeln, meist in Form eines Verhaltens- oder Ehrenkodex. Diese Kodices sind oft sehr allgemein gehalten und formulieren eher ein Leitziel, eine Absichtserklärung und/oder eine öffentlich-politische Aussage. Um für die alltägliche Praxis aussagekräftig zu sein, müssen die Aussagen des Verhaltenskodex i.d.R. noch konkretisiert und ergänzt werden.

Warum?
Je eindeutiger die „Spielregeln“ sind, desto leichter ist es für Kinder und Jugendliche, sich Hilfe zu holen bzw. sich zu beschweren.

Regeln und Schutzvereinbarungen konkretisieren die Aussagen zur Haltung der Organisation für die Praxis. Ihr zentraler Sinn liegt nicht in der Normierung von Verhaltensweisen, sondern im Austausch über und dem Aufzeigen von entsprechenden Orientierungspunkten.

Was?
Regeln müssen angemessen, plausibel und alltagstauglich sein. Denn was nicht praktikabel ist, wird nicht funktionieren und verleitet möglicherweise sogar zu Vertuschung und Heimlichkeiten.

Es geht bei der Erarbeitung von Schutzvereinbarungen nicht darum, möglichst alle Situationen und Eventualitäten zu regeln, sondern möglichst klare und nachvollziehbare Grundsätze zu schaffen. Besprochen und geregelt werden sollten Situationen, die man ausnutzen kann, um sexuelle Gewalt vorzubereiten oder auszuüben. Dies betrifft insbesondere Situationen besonderer Nähe (z.B. Duschen, Umkleiden, Übernachten, Einzelgespräche, pflegerische Handlungen an Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen…) sowie Grenzkonstellationen, d.h. Konstellationen, in denen Risiken des Machtmissbrauchs entstehen. Bei der Erarbeitung von Schutzvereinbarung sollten folgende Aspekte reflektiert werden:

  • Gestaltung von Nähe und Distanz in besonders sensiblen Situationen
  • Angemessenheit von Körperkontakt
  • Beachtung der Intimsphäre
  • Sprache, Wortwahl und Kleidung
  • Umgang mit und Nutzung von Medien und sozialen Netzwerken
  • Umgang mit Geschenken und Vergünstigungen
  • Umgang mit Disziplinierungsmaßnahmen
  • Regelungen für Übernachtungssituationen
  • Umgang mit Ausnahmen und Regelübertretungen
Wie?
Gemeinsame Regeln sollten auch gemeinsam erarbeitet werden. Nach Möglichkeit sollten alle unmittelbar durch die Regeln betroffenen Personen(-gruppen) an dem Prozess beteiligt werden.

Die Erarbeitung in einer Projektgruppe ist möglich, die anderen Personen sollen jedoch auf jeden Fall ausreichend Möglichkeit haben, ggf. Kritik oder Bedenken gegenüber den Regeln zu äußern. Regeln bzw. Schutzvereinbarungen für gemeinsame Veranstaltungen oder Aktivitäten (z.B. Zeltlager, Freizeit…) sollten von Mitarbeiter:innen und Teilnehmer:innen gemeinsam diskutiert und formuliert werden, denn:

  • Die jungen Menschen werden ernst genommen
  • Ihre Wünsche und Vorschläge werden berücksichtigt
  • Sie sind über die Regeln informiert sind und verstehen sie
  • Akzeptanz und Verbindlichkeit der Vereinbarungen sind höher

Für die Praxis:

„Verhaltensampel“
Die sog. „Verhaltensampel“ ist eine Methode, die sowohl mit Kindern und Jugendlichen unterschiedlichen Alters als auch mit Mitarbeiter:innen eingesetzt werden kann. Es geht darum, zu reflektieren und festzulegen, welches Verhalten wie einzuordnen ist.

Kategorien der „Verhaltensampel“:

Rot: Das geht garnicht! Dieses Verhalten ist immer falsch und muss sofort gestoppt werden.

Gelb: Kommt darauf an - dieses Verhalten ist pädagogisch grenzwertig und muss mindestens begründet werden.

Grün: Völlig in Ordnung. Dieses Verhalten ist pädagogisch richtig (auch wenn es Kindern und Jugendlichen nicht immer gefällt).

Beispiele:

Ampelplakate als Wegweiser für angemessenes Verhalten: Kurzbeschreibung der Erarbeitung mit Kindern und Beispiel für ein Plakat. In: LVR Landschaftsverband Rheinland (Hg.): Kinderschutz in der Kindertagesbetreuung. Prävention und Intervention in der pädagogischen Arbeit. S. 32 f. 

Methode „Verhaltensampel“: Erarbeitung mit Betreuer:innen anhand von Situationsbeschreibungen, die den verschiedenen Kategorien zugeordnet werden. In: Erzbistum Berlin (Hg.): Arbeitshilfe „Institutionelles Schutzkonzept zur Prävention von sexualisierter Gewalt in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“, S.45 ff. 

„Implementierung einer einrichtungsbezogenen Verhaltensampel“ Erarbeitung mit den Fachkräften einer KiTa, ausführlich beschrieben. Besonderheit: Die Diskussion von Werten und Überzeugungen dient als Grundlage zur Einordnung von Verhaltensweisen.

Regeln/Schutzvereinbarungen gemeinsam erarbeiten
Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen kann auf verschiedenen Wegen umgesetzt werden. In der Jugendarbeit kann teilweise auch an vorhandene Beteiligungsstrukturen angeknüpft werden. Zur Partizipation gehört auch, dass alle Kinder und Jugendlichen altersangemessen über die vereinbarten Regeln informiert und dass diese wenn nötig erklärt werden.
Beispiele:

Gruppenübung „Unsere Regeln/Schutzvereinbarungen“ ähnlich dem aufsteigenden Verfahren. Wenn sie zur Erarbeitung gemeinsamer Schutzvereinbarungen eingesetzt wird, ist es sinnvoll, vorher zu vereinbaren, auf welchen konkreten Anwendungsbereich sich die Schutzvereinbarungen beziehen sollen – z.B. Erarbeiten von Schutzvereinbarungen für eine Freizeit, Erarbeitung einer Hausordnung für eine bestimmte Einrichtung, Regeln zur Nutzung von digitalen Medien…

Anleitung zum Erarbeiten von klaren und konkreten Regeln für pädagogisches Handeln in besonders sensiblen Situationen (Verhaltenskodex): Erzbistum Berlin (Hg.): Arbeitshilfe „Institutionelles Schutzkonzept“, S. 27ff.

Grenzen achten! Grenzen setzen! Verhalten von Mitarbeiter:innen im Kontakt mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Präsentation, Zartbitter e.V.

Bayerische Sportjugend: Schutzvereinbarungen zur Prävention sexualisierter Gewalt (PsG) im Sportverein: Beispiele zu den Bereichen Sportbetrieb – Unternehmungen und Fahrten – Gespräche, Treffen und Beziehungsarbeit – digitale und soziale Medien.

Beispiel Allgemeine Regeln für Freizeiten

Beispiel Platz- und Hausordnung für einen Abenteuerspielplatz