Schutzkonzepte in der Jugendarbeit
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Positionierung

Schutzbaum

Es geht bei der Positionierung um die an den Kinderrechten orientierte politische und gesellschaftliche Grundhaltung einer Organisation. Sie sollte in einem offenen Diskussionsprozess unter Einbeziehung der verschiedenen Ebenen mit Erwachsenen und jungen Menschen erarbeitet werden und kann beispielsweise als Teil des Leitbildes oder der Satzung verfasst und beschlossen werden.

Was?
Die Positionierung fasst zentrale Aussagen zur Haltung der Organisation zusammen und formuliert Aussagen zu den Themen (sexualisierte) Gewalt und Schutz der persönlichen Rechte von Kindern und Jugendlichen.

Häufig finden sich Aussagen zur Haltung der Organisation auch in einer „Ehrenerklärung“ oder in einem allgemeinen „Verhaltenskodex“. Diese Aussagen sollen nach innen und außen kommuniziert werden und können als Signal an Mitarbeiter:innen, an (ggf. betroffene) Kinder und Jugendliche und ihre Eltern, aber auch an potenzielle Täter:innen wirken. Allerdings: Eine Positionierung und das öffentliche Verlautbaren der eigenen Haltung, so wichtig sie sein mögen, ersetzen nicht den Reflexionsprozess und die tatsächliche Umsetzung des Schutzkonzepts!

Wie?
Entscheidend für die Wirksamkeit einer Positionierung ist es, dass die Menschen in der Organisation sich damit identifizieren können. Daher ist es notwendig, sie auch an deren Entwicklung zu beteiligen.

Weder die Erarbeitung einer solchen Position im „stillen Kämmerlein“ der Leitungsebene noch die Veröffentlichung nur aus Gründen der Öffentlichkeitswirksamkeit ist sinnvoll. Denn eine Organisation lässt sich nicht „per Anweisung“ verändern und die Wirkung nach außen ist eine Folge der Wirkung nach innen.

Bei der Erarbeitung kann auf Methoden der Leitbildentwicklung zurückgegriffen werden. Verschiedene Wege der gemeinsamen Erarbeitung (Großgruppenmoderation mit Beteiligung aller Mitarbeiter:innen - z.B. im „aufsteigenden Verfahren“ oder Erarbeitung in einer Projektgruppe mit repräsentativer Beteiligung der Mitarbeiter/innen) sind möglich. In der Jugend(verbands-)arbeit bietet es sich an, das Thema im Rahmen von Gremien, z.B. bei Vollversammlungen oder Vorstandssitzungen vorzubereiten und sich auf ein angemessenes und praktikables Beteiligungsverfahren zu einigen.

Wo?
Damit die erarbeitete Positionierung auch die gewünschte Wirkung erzielt, ist es zentral, sie intern und extern zu kommunizieren.

Welche Wege dafür gewählt werden, ist vor allem abhängig von den Möglichkeiten und Kanälen, die zur Verfügung stehen. Von Printmedien (Plakate, Flyer, Aufkleber, Elternbrief, Vereinszeitschrift…) bis zu digitalen Kommunikationskanälen (Newsletter, SocialMedia…) sind verschiedene Formate möglich. Für die Kommunilkation nach außen spielt die prominente und dauerhafte Platzierung der Aussagen zum Kinderschutz auf der Webseite der Organisation eine herausragende Rolle, da diese i.d.R. die größte Reichweite hat.

Für die Praxis:

Schutz von Kindern und Jugendlichen in der Satzung verankern
Die Satzung ist quasi die Verfassung des Vereins bzw. des Jugendverbandes. Dort werden grundlegende Bestimmungen über den Zweck bzw. die Aufgaben und Ziele sowie die Art und Weise, wie die Organisation arbeiten soll, festgelegt. Die Aufgabe des Schutzes von Kindern und Jugendlichen sollte sinnvollerweise auch in der Satzung verankert werden.

Durch gezielte Erweiterungen/Veränderungen der Satzung kann die Handlungsfähigkeit der Organisation im Sinne der Prävention sexualisierter Gewalt erhöht werden. Dazu gehören beispielsweise Regelungen zum Vereinsausschluss, die auch die Problematik sexualisierter Gewalt berücksichtigen. So könnte z.B. in dem Abschnitt zum Ausschluss von Mitgliedern definiert werden, was konkret unter „vereinsschädigendem Verhalten“ zu verstehen ist. Eine entsprechende Beschreibung kann ggf. den Ausschluss von Personen erleichtern, die sexuell übergriffiges, aber (noch) nicht strafrechtlich relevantes Verhalten an den Tag legen.

Auch eine stärkere satzungsmäßige Verankerung des Verhaltenskodex kann hilfreich sein. Es empfiehlt sich, zu Fragen der Satzungsgestaltung juristischen Rat einzuholen und prüfen zu lassen, welche Regelungen und Formulierungen geeignet sind.

Beispiele:

Prävention sexualisierter Gewalt als Aufgabe in der Satzung des BJR: Im Zuge einer Satzungsreform (2021) wurde die Satzung des Bayerischen Jugendrings im §3 „Aufgaben“ mit dem Unterpunkt i) „sich dafür einzusetzen, dass Kinder und Jugendliche in den Organisationen, Angeboten und Einrichtungen der Jugendarbeit vor sexualisierter Gewalt, Übergriffen und Grenzverletzungen geschützt werden“ ergänzt.

Schutz von Kindern und Jugendlichen im Leitbild verankern
Das Leitbild soll das Profil einer Organisation sichtbar machen, also ihre unverwechselbaren inhaltlichen Kennzeichen. Es beschreibt die gemeinsamen grundlegenden Überzeugungen und Ziele, die für alle gelten und an denen sich alle Mitglieder orientieren.

Das Leitbild schafft ein „realistisches Idealbild” der Organisation, ihr Handeln, ihre Politik und ihre Strategie leitet sich davon ab.

Daher sollte auch der Schutz von Kindern und Jugendlichen einen Platz im Leitbild haben, d.h. eine kurz formulierte Aussage, die quasi die Quintessenz des Schutzkonzepts darstellt. Die Organisation sollte formulieren, dass sie ein Schutzkonzept gegen (sexualisierte) Gewalt entwickelt hat und sich im Alltag daran orientiert. Im Leitbild sollte deutlich werden, welche Ziele mit dem Schutzkonzept verfolgt werden, nämlich einerseits nicht zum Tatort sexualisierter Gewalt zu werden und andererseits ein Ort zu sein, der Hilfe und Unterstützung für betroffene Kinder und Jugendliche bietet.

Beispiele:

Partizipative Erstellung eines Leitbildes durch das „Aufsteigende Verfahren“. Dieses ist ein Qualitätswerkzeug, das unter anderem zur Erarbeitung von Leitbildern eingesetzt werden kann. Der Clou liegt darin, dass während des gesamten Prozesses stets nur
 zwei Meinungen zur selben Zeit miteinander in Einklang gebracht werden müssen.

Erarbeitung einer Positionierung der Organisation gegen sexualisierte Gewalt

Formulierungsvorschläge für ein Leitbild auf der Webseite "Schule gegen sexuelle Gewalt" der Unabhängigen Beauftragten. Die dortigen Vorschläge (Download unter Leitbild - Tipps) beziehen sich auf den Kontext Schule, können aber problemlos an das Arbeitsfeld Jugendarbeit angepasst werden.